Panorama Hirschbach
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19.10.2020 - Einreichung Beschlussvorlage zur Rücknahme 29/2019 durch Stadträte

Vertreter der Wählervereinigung Reinhardtsgrimma, der Wählervereinigung Zeitlos und der Wählervereinigung Schlottwitz reichen eine Beschlussvorlage zur Rücknahme des SR-Beschlusses 29/2019 vom 17.12.2019 mit folgendem Wortlaut ein:


Antrag auf Aufhebung des Stadtratsbeschlusses Nr. 29/2019 vom 17.12.2019 –
Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan „Hermsdorfer Straße – Hirschbach"

Einreicher: Vertreter der Wählervereinigung Reinhardtsgrimma, der Wählervereinigung Zeitlos und der Wählervereinigung Schlottwitz

Beschlussvorlage Nr.        /2020 zur öffentlichen Sitzung des Stadtrates am

Beschlussvorschlag:
Der Stadtrat der Stadt Glashütte beschließt die Aufhebung des Aufstellungsbeschlusses des Bebauungsplanes "Hermsdorfer Straße — Hirschbach" gemäß § 13b BauGB im beschleunigten Verfahren (Beschluss Nr. 29/2019 vom 17.12.2019). Es soll eine Abänderung für einen neuen Aufstellungsbeschluss erarbeitet werden, welcher kleinere, zeitlich gestaffelte Bauabschnitte nach örtlichem Bedarf vorsieht.

Begründung:
Am 17.12.2019 beschloss der Stadtrat in seiner Stadtratssitzung in 2. Abstimmung den Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan „Hermsdorfer Straße - Hirschbach" mit 9 Ja-Stimmen, 7 Nein-Stimmen und 3 Stimmenthaltungen. In der 1. Abstimmung am 26.11.2019 erhielt der Aufstellungsbeschluss keine Mehrheit (9 Ja-Stimmen, 9 Nein-Stimmen und 1 Stimmenthaltung).

Der Ortschaftsrat Hirschbach-Hermsdorf/W befürwortete zuvor am 24.10.2019 einstimmig die Aufstellung eines Bebauungsplanes mit dem Ziel, Wohnbauland entlang der Hermsdorfer Straße zu schaffen. Diese Befürwortung wurde in nichtöffentlicher Abstimmung entschieden, obwohl diese Grundstücksangelegenheit bereits durch die Offenlegung des in Arbeit befindlichen FNP für Glashütte öffentlich bekannt war (öffentliche Vorstellung erfolgte am 25.06.2019 in Schlottwitz).

Bereits im Rahmen des laufenden FNP-Verfahrens wurden 4 Stellungnahmen von Anwohnern der angrenzenden Grundstücke abgegeben. Im Februar 2020 übergab die Bürgerinitiative "Unser Hirschbach - Bürgerinitiative für eine mitbestimmte Entwicklung" ein Bürgerschreiben an den Stadtrat mit Fragen an den Bürgermeister und Stadtrat mit über 100 Unterschriften von Hirschbacher Einwohnern. Im Sommer 2020 führte die Bürgerinitiative eine anonyme und ergebnisoffene Meinungsumfrage zum geplanten
Bebauungsgebiet unter allen volljährigen Einwohnern in Hirschbach durch. In der Stadtratssitzung am 01.09.2020 erfolgte die öffentliche Vorstellung der Kernergebnisse dieser Meinungsumfrage.

Im Ergebnis sind bei einer Beteiligungsquote von 72,5 % der Hirschbacher Einwohner:

  • 75,2 % gegen die Bebauung der gesamten jetzt ausgewiesenen Fläche von ca. 3,38 ha,
  • 62,8 % lediglich für Lücken- oder Einzelbebauung (keine neuen zusammenhängenden Baugebiete) und
  • 71,2 % für ein reguläres Bauplanungsverfahren mit allen entsprechenden Prüfungen (z.B. Öffentlichkeitsmitwirkung, Umweltverträglichkeit, Ausgleichsmaßnahmen).

Die Befürwortung des Ortschaftsrates zum Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes ist demnach als Fehleinschätzung anzusehen und entsprach dem Ergebnis der Meinungsumfrage der Bürgerinitiative nach nicht dem überwiegenden Willen der Hirschbacher Einwohner.

Zudem wurde der Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes "Hermsdorfer Straße — Hirschbach" gemäß § 13b BauGB im beschleunigten Verfahren unter enormem Zeitdruck in Hinblick auf die Einleitung eines solchen Verfahrens bis spätestens zum 31.12.2019 vom Stadtrat in wiederholter Abstimmung nur knapp beschlossen.

Im beschleunigten Verfahren nach § 13b BauGB wird auf die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit verzichtet. Darüber hinaus wird bei dem beschleunigten Verfahren auf eine reguläre Umweltprüfung und ggf. zugehörige Ausgleichsmaßnahmen verzichtet.

Diese beiden Verzichte begründete der Bürgermeister auf der Einwohnerversammlung in Hirschbach am 08.09.2020 mit andernfalls fehlender finanzieller Lukrativität für den potenziellen Investor im regulären Planungsverfahren nach BauGB. Auch eine Verkleinerung der nach aktueller Beschlussfassung zu beplanenden Grundstücksfläche von 3,38 Hektar aktuell landwirtschaftlich genutzter Fläche im Außenbereich wurde vom Bürgermeister mit ansonsten fehlender Lukrativität zurückgewiesen.

Die Ausführungen des Bürgermeisters zu von ihm erwarteten positiven Effekten für den Ort Hirschbach und die Stadt Glashütte sind bisher rein verbaler Natur, ohne nachvollziehbare Fakten oder rechnerische Prognosen. Konkrete Aufstellungen bzw. Gegenüberstellungen von zu erwartenden Vor- und Nachteilen (Belangekatalog) werden aber nach aktuell verbindlichen Ausführungsrichtlinien zum BauGB gefordert (BauGBÄndG 2017). Speziell die Umwandlung bisher landwirtschaftlich genutzter Flächen ist gesondert zu begründen.

Vor der Abstimmung mit Beschlussfassung in der Stadtratssitzung am 17.12.2019 erfolgte keine Nachfrage bzw. Feststellung von Befangenheiten unter den Abstimmungsberechtigten (§14 Geschäftsordnung des Stadtrates der Stadt Glashütte). Eine solche Feststellung sollte bei der bekannten Tragweite des Beschlussinhaltes aber explizit erfolgen.

Bei Umsetzung der aktuell vorgesehenen Planungsgröße und -Lage für ein Baugebiet in Hirschbach wird das charakteristische, landschaftlich offene Gesicht von Hirschbach unwiederbringlich zerstört!

Im Ergebnis kann festgehalten werden:

  • Erst in zweiter Abstimmung und unter Termindruck erhielt der Aufstellungsbeschluss im Stadtrat eine nur knappe Mehrheit.
  • Der Ortschaftsrat von Hirschbach widerspiegelte nicht das Meinungsbild der Hirschbacher, die mehrheitlich gegen das geplante Baugebiet votierten.
  • Die Öffentlichkeit hat sich mehrheitlich für eine frühzeitige Beteiligung und die Berücksichtigung der Umweltbelange im regulären Planungsverfahren nach BauGB ausgesprochen.
  • Es ist kein schriftlicher Belangekatalog seitens der Stadtverwaltung bekannt, mit dem die Vor- und Nachteile des aktuellen Planungsgebietes und dessen -größe abgewogen werden können.

Die Beschlussfassung 29/2019 vom 17.12.2019 zum Aufstellungsbeschluss Bebauungsplan „Hermsdorfer Straße – Hirschbach" ist demnach unter unzureichenden inhaltlichen Argumentationen bzw. falschen Kenntnissen über das Meinungsbild der Mehrheit der Hirschbacher Einwohner zustande gekommen. Deshalb soll der Beschluss 29/2019 des Stadtrates Glashütte jetzt aufgehoben werden.

Nur durch die Aufhebung des Beschlusses 29/2019 wird es möglich, das Bauplanungsverfahren auf einen Stand NULL zurückzusetzen und alle in der obigen Begründung genannten Punkte sachgerecht und ergebnisoffen neu zu diskutieren, abzuwägen bzw. klarzustellen. Insbesondere kann offenbar die jetzig vorgesehene Planungsgröße und -Lage des Baugebietes nur durch eine Aufhebung beeinflusst werden.

Erst danach kann eine Abänderung für einen neuen Aufstellungsbeschluss mit einem regulären Bauplanungsverfahren in Angriff genommen werden. Damit wird eine Flächenverfügbarkeit für den Baubedarf der örtlichen Bevölkerung gesichert, wie es bereits in dem Vorschlag eines Stadtrates auf der Einwohnerversammlung in Hirschbach beschrieben wurde.

Sinnvoll wäre dabei eine Festlegung auf eine maßvolle Entwicklung des Gebietes über eine längere Periode von 10..20 Jahren, welche durch den Stadtrat planerisch begleitet wird. Es könnte ein jahrringartiges Wachstum um den Dorfkern mit 2..5 Bauplätzen pro Jahr initiiert werden, was auch der ausgewogenen Entwicklung der örtlichen Altersstruktur zuträglich wäre.

 

This article was updated on November 19, 2020